Lüneburg – Filmtag am 26.10.2019

Ich habe die Chance, am 26.10.2019 die Gruppe in Lüneburg bei ihrer Filmproduktion zu begleiten. Vorab erzählen Yule und Bernd mir etwas über den Prozess.

Der Film wird am 24.11. zur Eröffnung der Umweltfilmtage in Lüneburg gezeigt werden1. Die Gruppe besteht aus Schüler*innen und Schülern der Fridays for Future Bewegung, d.h. sie kommen von unterschiedlichen Schulen, sind unterschiedlich alt und kannten sich teilweise nicht.

Vorab war die Akquise der Teilnehmenden nicht einfach, da nicht-institutionalisierte Jugendliche angesprochen werden sollten. Sie fand statt über die Kunstschule, über eigene Verteiler und Netzwerke, über Jugend-Umweltvereine, über die Orga der Fridays for Future Bewegung.

Sich kennen

Sich kennen ist eine Qualität, die ausschlaggebend für die Teilnahme ist. Es geht um Beziehungen und Erwachsene, die für Jugendliche persönlich interessant erscheinen.

Audio 1 – 50 sec

Wir sprechen darüber, ob die Gruppe sich untereinander kennt. Denn auch für die Jugendlichen ist es ein ungewöhnlicher Moment, sich nun mit anderen Schulen über eine Thematik zu treffen, nämlich die Fridays for Future Bewegung. „Die Klimastreik-Bewegung ist international, überparteilich, autonom und dezentral organisiert.“2

Audio 2 – 1 min 20

Am Tag zuvor hatte die Gruppe gemeinsam den Film geplant, sowohl den Inhalt als auch den Ablauf. Bernd und Yule sind begeistert, dass die Gruppe sich darauf einigen konnte einen gemeinsamen Film zu drehen.

Als Vorbereitung sollten alle einen Text verfassen, der dann als Sound eingespielt werden soll. Alle lesen den anderen ihre Texte vor. Es geht um regionales Essen, Mobilität, weniger Fliegen, lieber regional den Bus nehmen als Taxi-Mama, Shoppen und auch geht es ums Sterben, um Angst und um Sorge. Die Gruppe hatte sich vorab geeinigt, keine Menschen in den Texten zu beschimpfen, die anders handeln. Zwei Leseproben:

Audio 3 – 1 min 15

Audio 4- 17 sec

Eine Diskussion entfacht sich, wer im Raum schon wie viel geflogen ist. Was ist legitimes Fliegen, gibt es das?

Audio 5 – 3 min 18 sec

Die Gruppe spricht die Filmszenen durch, es soll sowohl Plakate geben, einen Zeitraffer zum Abspann, einen Besuch auf dem Markt. Es werden die Drehorte bestimmt und anschließend die Reihenfolge der Film-Aufnahmen heute.

Nachdem die Drehorte fertig entschieden waren, begann die Vorbereitung. Plakate machen und dafür kurze Messages suchen, ist die Aufgabe.

Auch wird ein Team in die Technik eingearbeitet, d.h. Sound, Kamera und Stativ.

Und dann brechen wir auf, der erste Drehort ist das samstägliche Wochenmarkt. Das Wetter ist traumhaft, eine Band spielt am Rande des Marktes und der Markt ist sehr gut besucht. Überall leuchtet das Obst und Gemüse üppig, aber auch Fisch, Fleisch, Käse und Backwaren sowie Blumen. Es gibt zwei Absprachen mit Standbesitzern und schon geht das Filmen los. Es werden die Szenen einige Male wiederholt, um sicher zu gehen, dass alles „im Kasten“ ist.

Ich muss mich gegen Mittag verabschieden um meinen Zug zu bekommen. So bekomme ich den Rest des sicherlich intensiven Drehtags nicht mehr live mit.

 

Mir geht beim Zuschauen und Beobachten auf dem Markt einiges aus der Klimadebatte im Kopf herum. Dieser Markt macht einen Eindruck von Frieden und Wohlstand. Alles scheint üppig und reichlich vorhanden. Es ist schwer sich an einem solchen Ort, in einem solchen Moment vorzustellen, dass wir an Kipppunkten im Klimasystem stehen.

 

Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten und die globale Erwärmung auf unter 1,5° Celsius zu begrenzen, fordert Fridays For Future explizit für Deutschland:“

  1. Nettonull 2035 erreichen
  2. Kohleausstieg bis 2030
  3. 100% erneuerbare Energieversorgung bis 2035
  4. Entscheidend für die Einhaltung des 1,5°C-Ziels ist, die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich stark zu reduzieren.

Deshalb fordern wir bis Ende 2019:

  • Das Ende der Subventionen für fossile Energieträger
  • 1/4 der Kohlekraft abschalten
  • Eine Steuer auf alle Treibhausgasemissionen. Der Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen muss schnell so hoch werden wie die Kosten, die dadurch uns und zukünftigen Generationen entstehen. Laut UBA sind das 180€ pro Tonne CO2.“3

 

Wir beenden in 8 Wochen das Jahr 2019. Wo stehen wir mit den bisher inakzeptablen Entscheidungen, die zu Lasten ärmerer Regionen und künftiger Generationen getroffen wurden?

 

Ich lese im Blog: „Fridays For Future Deutschland fordert die Regierungen auf Kommunal- Landes- und Bundesebene auf, die Klimakrise als solche zu benennen und sofortige Handlungsinitiative auf allen Ebenen zu ergreifen. Noch haben wir die Chance und damit die Verantwortung, eine Klimakatastrophe abzuwenden. Für den notwendigen Wandel müssen sektorübergreifend grundlegende Veränderungen stattfinden. Vor allem in den Sektoren Energieerzeugung, Wohnen und Bauen, Industrie, Transport und Verkehr sowie Landwirtschaft sind enorme Anstrengungen nötig. Das wirtschaftliche Handeln darf nicht weiterhin planetare Grenzen überschreiten.“4

Und: „Vor allem junge Menschen müssen wegen ihrer besonderen Betroffenheit stärker in den demokratischen Prozess einbezogen werden.

Es darf nicht die alleinige Aufgabe der Jugend sein, Verantwortung für die Priorisierung des Klimaschutzes zu übernehmen.“5

 

Im partizipatorischen politisch aktiven Kunstdiskurs wird seit ein paar Jahren diskutiert, ob Macht, wenn sie nicht freiwillig und friedlich geteilt wird, mit un-friedlichen Mitteln umverteilt werden muss. D.h., mit mehr Menschen nicht nur die Verantwortung, sondern auch die Entscheidungen zu teilen. Aber welche Mittel wären das und wo würde es hinführen?

1 https://www.scala-kino.net/filme/die-klimaziele-schmelzen-vortrag

2,3,4 https://fridaysforfuture.de/forderungen/