21.11.2019 Landtag Hannover. Das Erwürfeln des eigenen Schicksals

Am 21.11.2019 fand eine eintägige künstlerische Interaktion im Landtag statt. Während die Politiker*innen zusammen tagten, saßen im Foyer sechs junge Künstlerinnen und luden die Politiker*innen zu einem Dialog, Spiel und Hinterfragung ihrer Identität ein.

Das Spiel hatten sie im Laufe der Wochen in diesem Projekt selber entwickelt. Es war die erste Intervention außerhalb eines Kunst(schul)kontexts, dieses Spiel als Dialogplattform anzubieten. Spielgegenüber waren Erwachsene und noch dazu alles Politiker*innen. Den ganzen Tag lang durfte ich das Geschehen beobachten und auch zum Teil in die Gespräche hineinhören.

Ich frage am Ende, was sie sich gewünscht haben, was dieses Spiel mit den Menschen „macht“; was es bewirkt. (Während ich die Frage stelle, nähert sich ein Politiker und bedankt sich bei den jungen Künstlerinnen für diese Erfahrung und wünscht weiterhin viel Erfolg!)

Sie formulieren ein Nachdenken und Reflektieren über eigene Chancen und somit auch dem Lebensglück. Dann aber auch ein Realitätencheck: Was legt Menschen Steine in den Weg, was mindert Lebenschancen, obwohl es heißt, alle haben hier die gleichen Chancen?

Audio 1 – 1 min 10 sec

Mich interessieren die Reaktionen von Menschen, die ja bereits eine (erfolgreiche berufliche) Biographie haben, auf ihre erwürfelte Identität.

Luise beschreibt, wie divers der Umgang mit den neuen Realitäten war, von Spaß, Spiel, gedanklicher Improvisation oder Hinterfragung sowie Annahme der Einladung, sich mit der Gesellschaft an einem konkreten Beispiel auseinander zu setzen.

Deutlich wurde auch der oft angewendete Vergleich mit der eigenen Realität: Passt das Erwürfelte zum eigenen oder nicht?

Audio 2 – 2 min 10 sec

Ich frage, wie wichtig sie ihre Anwesenheit als junge, weiblich identifizierte Menschen und ihr offenes Gesprächsangebot einschätzen?

Tessa beschreibt den starken Mitteilungsdrang einiger Menschen, aber auch kalte und lustlose Reaktionen.

Audio 3 – 40 sec

Eine Überraschung war ein AFD Politiker, der sich auf dieses Spiel eingelassen hatte. Ava und Laura erzählen den Verlauf und die Reaktion zur gewürfelten Identität. Generell beschrieben sie die Reaktion auf die Identitäten in Bezug auf den eigenen Beruf.

Audio 4 – 2 min 45 sec

Luisa berichtet, wie bemerkenswert sie es findet, dass Politiker*innen nicht erkennbar als Mensch reagieren sondern potentiell immer im Bewusstsein einer Vermarktungssituation. Auffällig waren die Fotograf*innen, die die Politiker*innen in den Spiel-Interaktionen fotografierten und so den Kunst Event potentiell zur eigenen Image-Vermarktung nutzen.

Bei mir entsteht die Frage, ob der Wunsch nach einem authentischen Gegenüber, egal welches Alter oder Beruf, bei den jungen Menschen dominiert. Alle bejahen. Ich stelle fest, dass es Bedingungen gibt, z. B. der Wahl des Ortes, welche die Qualität der Antworten und des Sich-Einlassens beeinflussen.

Tessa echot auf die Bedingungen des Landtags und der Erreichbarkeit des „richtigen“ Menschen. Die Qualität dieses Spiele und damit künstlerischer Arbeit wurde sehr deutlich: Alle Teilnehmenden verhielten sich zu dem „Zufall“, alle reagieren mit Emotionen, Statements sowie Haltung (Zuneigung oder Ablehnung). Das Spiel drang durch jede Fassade, die ja von Politiker*innen mit ihrer gesellschaftlicher, öffentlicher Repräsentanz Funktion professionell inszeniert ist, durch und entblößte eine unkontrollierte, menschlich-individuelle Entäußerung.

Audio 5- 31 sec

Luise stellt fest, dass neben dem Zeigen hier vor Ort, sie fest davon überzeugt ist, dass eine innere Wirkung der Arbeit existiert.

Audio 6- 29 sec